Otto Potsch war ein österreichischer Allround-Künstler: Bildhauer, Maler, Fotograf, Musiker und Poet.
Die Werke von Otto Potsch sind trotz klar definierter Prozessabläufe frei und eigenwillig. Tradiertes Handwerk und gegenwärtige Kunst-Techniken überlagern sich gekonnt. Die Inspirationen holt er sich aus dem Alltag, aus dem eigenen, aber auch aus dem Alltag anderer Menschen.
Otto Potsch ist am 20. September 1938 in Wien geboren. Er absolvierte eine Bernsteindrechsler und Elfenbeinschnitzer-Lehre beim Wiener Elfenbeinbildhauer und Galanteriewaren-Drechsler Josef Träger mit erfolgreich abgeschlossener Meisterprüfung. Daneben besuchte er Kunstkurse an der Akademie der bildenden Künste und an der Kunstschule in Wien.
Ab 1960 arbeitete Otto Potsch freischaffend u.a. für eine Wiener Pfeifenfabrik und für unser verstorbenes Mitglied Prof. Franz Hagenauer für dessen „Hagenauer-Werkstätte“, welche traditionsreiche Wiener Bronzen und ausdrucksstarke Messingfiguren hergestellte. Die Hagenauer-Werkstätte war bekannt für klare Formen mit Verzicht auf alles Unwesentliche bei gleichzeitiger Einfühlung in das Wesen der Dinge. Dies entsprach voll und ganz auch den Vorstellungen von Otto Potsch. Viele kunstvolle Kleinplastiken entstanden für das Unternehmen im Laufe der Jahre aus Otto Potschs Hand, der stets darauf achtete, die Ähnlichkeit des Modells und dessen Wesen im verwendeten Material auszudrücken. Zum Repertoire dieser Zeit gehörten bei aller formalen Reduzierung aber auch verspielte, dekorative Kleinplastiken.
1966 gründete Potsch gemeinsam mit seiner Ehefrau Brigitte seine erste Kunstwerkstätte mit Ausstellungs- und Verkaufsraum in Wolkersdorf. In den darauffolgenden Jahren entstanden zahlreiche Skulpturen aus Edelserpentin.
Mit seinen Sphärenkugeln aus Elfenbein erregte Potsch großes Aufsehen in der Kunstwelt und schon bald stellte er international aus u.a. in Straßburg, Zürich und Rom. Bei den Sphärenkugeln von Otto Potsch handelt es sich um eine mit feinsten Schnitzereien ausgestattete Kugel, in der sich eine ebensolche, etwas kleinere Kugel frei bewegt. In dieser Kugel ist wieder eine Kugel und auch in der nächsten und in der nächsten – bis zu 15 Stück – und alle bewegen sich frei.
Im Jahr 1967 konnte er bereits eine weitere Kunstwerkstätte mit dazugehörigem Verkaufsgeschäft in Bernstein errichten.
1981 wurde das ausschließlich eigenfinanzierte Felsenmuseum in Bernstein im Burgenland eröffnet, in welchem unter anderem heute noch zahlreiche Werke von Otto Potsch in einem eigenen Abschnitt des Museums zu sehen sind.
1988 begann Otto Potsch seine heute bereits legendären, zuweilen skurrilen bis sarkastischen, jedoch immer liebenswürdig geformten Skulpturen aus Alteisen und Schrott zusammen zu schweißen. Otto Potsch war auch Poet und in diesem Sinne drückte er sich – einem Geschichtenerzähler und Karikaturisten gleich – mit Alteisen und Schrott aus. In seiner eisernen „Fronleichnamsprozession“ erkennt man den einen oder anderen Wolkersdorfer Bürger wieder: den Zuckerbäcker, den Oberlehrer und in der Mitte den streitbaren Bischof Krenn, der seinerzeit viel Aufsehen erregte. Allesamt sind diese Skulpturen nicht nur künstlerisch sehr hochwertig, sondern auch technische Meisterleistungen. Gleichwohl bestechen die Werke durch die unverkennbare Handschrift von Otto Potsch: er hämmerte energisch, klemmte und schweißte zusammen und die damit verbundene Dynamik seiner kraftvollen Herangehensweise und die physische Anstrengung verliehen den Arbeiten jene rohe und zugleich anmutige Wirkung.
Viele dieser Kunstwerke aus Alteisen und Schrott – von handlichen Formaten zum Aufstellen in Vitrinen geeignet bis zu jenen in Überlebensgröße – befinden sich heute in privaten und öffentlichen Sammlungen.
Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang auch, dass Liebhaber von Otto Potschs rostigen Kunstwerken 1996 für den Künstler eine „rollende Galerie“ organisierten. Verladen auf Waggons der ÖBB gingen viele rostige Kunstwerke, unter ihnen der schon erwähnte Don Quijote auf seiner Rosinante mit seinem treuen Diener Sancho Pansa und eine ganze Prozessionsgruppe mit ihrem rundlichen Bischof, der nicht nur über sich selbst, sondern sogar über den mitgetragenen Baldachin hinausgewachsen ist, auf eine längere Reise – von Wolkersdorf über Bruck an der Leitha, Wiener Neustadt, Aspach, Blindenmarkt, Friedberg in der Steiermark, Spitz an der Donau, Waidhofen an der Ypps und schließlich nach Umladen auf die Mariazeller Schmalspurbahn nach Mariazell.
Auch in der Malerei erlangte Otto Potsch Perfektion. Mehrere Studienreisen mit dem österreichischen Panoramamaler Prof. H.C. Berann führten ihn in die Toskana, die Provence und auf Korfu. Er ließ sich gerne von seinem Lehrer führen, um auf einer fachkundigen Basis seinen eigenen Stil zu entwickeln.
In den 1980er Jahren erwarb Otto Potsch eine Bernsteindrechslerei mit etlichem Rohbernstein.
Besonders die zahlreichen Einschlüsse des erworbenen Bernsteins faszinierten den Künstler so, dass er diese Faszination unbedingt festhalten und weitergeben wollte. Aus seiner umfangreichen Sammlung an recht unterschiedlichen Stücken Bernsteins suchte Otto Potsch die schönsten Stücke aus. Seine große Erfahrung mit und über das „Gold des Meeres“ kam ihm beim Herausschleifen und Polieren eines „Fensters“ im richtigen Betrachtungswinkel, durch welche die erstarrten Lebewesen in ihrem goldenen Sarg sichtbar gemacht wurden, zu Gute.
Danach begann er sich intensiv mit dem Fotografieren im Mikrobereich zu beschäftigen und schon bald entstanden sensationelle Fotos der seit Jahrmillionen in Bernstein erstarrten Insekten und Kleinstlebewesen – als farbenprächtige in Makroaufnahmen der Inklusen sichtbar gemacht.
Im öffentlichen Raum kann man zahlreiche Kunstwerke von Otto Potsch bewundern, z.B.:
Die künstlerische Arbeit von Otto Potsch wurde schon zu seinen Lebzeiten gehrt.
2008 Goldener Ehrenring der Stadtgemeinde Wolkersdorf
2009 Briefmarke mit Motiv der Edelserpentin-Sphärenkugel von Potsch, herausgegeben zum Philatelietag Bernstein, 30.10.2009
2018 goldenes Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Niederösterreich
2019 Ehrenmitglied in der Berufsvereinigung der bildenden Künstler Österreichs
2019 wurde in Wolkersdorf eine Brücke nach Otto Potsch benannt.
Otto Potsch ist am 1. März 2022 gestorben und wurde am Friedhof in Wolkersdorf begraben.
Berthild Zierl
Präsidentin der Berufsvereinigung der bildenden Künstler Österreichs
Landesverband Wien, NÖ, Bgld.
www.zierlart.at
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Quellen:
Archiv der Berufsvereinigung der bildenden Künstler Österreichs, Wien, Schloss Schönbrunn, www.art-bv.at
Otto Potsch – Trophäenschau, Katalog NÖ Landesmuseum, 1994, ISBN 85460-125-5
Alles Schrott?, Martina Lauinger, Paul Haupt Verlag, 2002, ISBN 3-258-06293-5
Der Bernsteinmagier – Erstarrt in alle Ewigkeit, Gmeiner-Verlag, 2003, ISBN 783899773026
Bernstein – Vom Anfang der Zeit, Landhege Verlag, 2006, ISBN 978–3943066302
Bildende Künstler in und um Wolkersdorf 1900 – 2013, 2013, Berger-Verlag, ISBN 978-3-85028-688-6