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Geyling Remigius (1878 – 1974)

Geyling Remigius (1878 - 1974)

Der am 29. Juni 1878 Wien geborene und am 4. März 1974 in Wien verstorbene Remigius Geyling war Maler, Grafiker, Bühnenbildner, Kunsthandwerker und Professor an der Wiener Kunstgewerbeschule. Er war Gründungsmitglied des Österreichischen Werkbunds, einer der Begründer der Zeitschrift „Die Muskete“ und Mitglied der Wiener Werkstätte, für die er vor allem Bucheinbände und -illustrationen sowie Postkarten entwarf. Geyling war mit Ausstattungs- und Kostümentwürfen an österreichischen Filmproduktionen beteiligt und künstlerischer Beirat der österreichischen Stummfilme.

Der Künstler pflegte Bekanntschaften und Freundschaften mit zahlreichen Künstlerpersönlichkeiten seiner Zeit wie beispielsweise mit Josef Hoffmann, Alfred Roller, Josef Maria Olbrich, Egon Schiele, Adolf Loos und Gustav Klimt, welche er auch in Zeichnungen festhielt (8).


Remigius Geyling stammte aus einer bedeutenden Glasmaler-Familie, die für die Ausstattung des Stephansdomes mit Glasgemälden bekannt ist. Sein Vater war der Historienmaler Rudolf Geyling (1839 –1904), der eine Glasmalerwerkstatt besaß und seine Mutter Marija Geyling, geborene Heuberger (1849–1934) war mit dem Komponisten Richard Heuberg verwandt. Rudolf und Maria Geyling hatten vier Kinder: Irena (1874 – 1900), Remigius (1878 – 1974), Margareta (1882 – 1949) und Rolf (1884 – 1952). Beide Söhne bewiesen bereits in ihrer Kindheit großes zeichnerisches Talent, welches die Eltern förderte, möglicherweise, um einen Nachfolger und Mitarbeiter für die Glasmalwerkstätte „Geyling’s Erben“ zu gewinnen (6).


Remigius Geyling erlernte die Glasfenstererzeugung und Glasmalerei im Familienbetrieb seines Vaters und absolvierte danach von 1898–1900 die Kunstgewerbeschule in Wien. Von 1902 – 1904 studierte er an der Akademie der bildenden Künste in München.

Im Jahr 1900 nahm er an der Weltausstellung in Paris teil.

Bis 1904 führte er gemeinsam mit Otto Prutscher (er war ebenfalls Mitglied in der Berufsvereinigung der bildenden Künstler Österreichs) ein Atelier für Einrichtungs- und Ausstattungsbedarf und war danach als Ausstattungschef für die Neue Wiener Bühne tätig.

1905 erhielt Geyling Aufträge zur Ausstattung der Wiener Volksoper. 1908 wurde er Leiter der Kostümwerkstätten der Literarischen Kammerspiele. Im selben Jahr nahm er an der Wiener Kunstschau teil.

Aus Anlass des 60-jährigen Regierungsjubiläums Kaiser Franz Josephs wurde im Jahr 1908 die Ringstraße in Wien zum Schauplatz eines historischen Festzugs – dem „Kaiser-Huldigungs-Festzug“. Mit historischen Kostümen wurden Höhepunkte der Geschichte des Habsburgerreiches als Huldigung an die Dynastie gezeigt. Remigius Geyling fertigte davon auch etliche Farblithografien für Postkarten an.

Kaiser-Jubiläum 1908, Huldigungs-Festzug          Foto: Theatermuseum ÖNB

Für die Otto-Wagner-Kirche am Steinhof im 14. Bezirk in Wien sollte Koloman Moser die Altarwand mit einem Mosaikbild ausgestalten. Sein Entwurf wurde aber abgelehnt, und der Maler Carl Ederer mit einem neuen Entwurf beauftragt. Aufgrund der Ähnlichkeit mit Mosers Entwurf strengte dieser wegen Plagiats einen Prozess gegen Ederer an, der mit einem Vergleich endete.
Daraufhin entwarf 1910 Remigius Geyling im Einverständnis mit Koloman Moser und Otto Wagner eine 84,8 m2 große Altarwand, welche dann durch Leopold Forstner ausgeführt wurde.

1910 heiratete er Mathilda Weihs.

Von 1909 -1911 und 1922 -1945 war Geyling Ausstattungschef am Burgtheater, für welches er bei mehr als 300 Produktionen die Kostüme und Bühnenbilder entwarf. Im Zuge dieser Tätigkeit entwickelte er auch die Technik der Bühnenprojektion mit szenischen Wechselbildern. Dabei handelte sich um eine Projektion, bei der farbig bemalte Diapositive von lichtstarken Apparaten mit spezieller Weitwinkeloptik auf einen „Rundhorizont“ projiziert wurden. Diese Technik, welche erstmals im Jahr 1925 angewandt wurde, ermöglichte, dass bis zu 36 Szenenhintergründe rasch aufeinanderfolgen konnten. (4)

Von 1913-1922 war Remigius Geyling Leiter der Gesellschaft für Bühnen- und Filmkunst.

Während des Ersten Weltkriegs war Geyling Oberleutnant an der Isonzo-Front.
Von 1915 – 1917 wurde die Heiligengeistkirche von Javorca bei Tolmein in Slowenien als Erinnerungsstätte für die gefallenen österreichisch-ungarischen Soldaten in unmittelbarer Nähe der Isonzo-Front errichtet. Die Pläne für den Holzbau auf einem Steinsockel stammen von Remigius Geyling, der damals Oberleutnant der Armee war. Er entwarf auch den Großteil der Innenausstattung. An den Innenseiten der Wände sind Munitionskisten angebracht, auf denen die Namen von 2800 gefallenen Soldaten des österreichisch-ungarischen Heeres eingebrannt wurden. Der Kirchenraum ist durch hölzerne, bemalte Säulen in drei Schiffe unterteilt, darüber befindet sich eine kassettierte Decke. Zum Altar gleiten zwei von Remigius Geyling auf Leinwand gemalte Engelsfiguren.

 

Geyling Remigius, Heiliggeistkirche Javorca, Engel linke Seite
Foto Archiv der BV, Wien

Die wirklich bemerkenswerte Kirche blieb aber ein architektonischer Einzelfall in seinem umfangreichen künstlerischen Schaffen. (5 + 6)


Von 1926 bis 1946 war Remigius Geyling Professor an der Wiener Kunstgewerbeschule.

Für den Karnevalszug im Jahr 1939 wurden etliche Maler, Bildhauer und Bühnenkünstler mit der künstlerischen Gestaltung von Umzugswägen beauftragt. Die Leitung wurde Remigius Geyling, Oswald Roux und Franz Wilfert übertragen.
Mag. Dr. Martina Nußbaumer schrieb dazu am 24.2.2020 im Wien Museum-Magazin unter dem Titel „Der Wiener Fasching 1939 als NS-Propaganda-Ereignis – Großkampftage im Vergnügen“, dass die von Geyling mitgestalteten Faschingswägen vordergründig harmloser und weniger ideologisch aufgeladen als andere wirkten. In ihrem Bericht schrieb Nußbaumer aber auch: Setzt man die Entwürfe in den Kontext der übrigen Bild-, Text- und Filmdokumente, die vom Faschingsumzug 1939 in Wiener Sammlungen erhalten sind, zeigt sich jedoch, dass die Gestalter sehr gezielt NS-Propaganda mit bunten, fröhlichen bis grotesken Karnevalsfiguren und Figuren aus dem Repertoire nostalgischer „Alt Wien“-Erzählungen mischten, die die Wienerinnen und Wiener bei ihrem Lokalpatriotismus abholen sollten. (7)


Remigius Geyling starb am 4. März 1974 in Wien und wurde am Friedhof in Hietzing bestattet.

Entwürfe für Theater und Festspiele befinden sich heute noch im Besitz der Theatersammlung der Österreichischen Nationalbibliothek.

 


Berthild Zierl
Präsidentin der Berufsvereinigung der bildenden Künstler Österreichs
Landesverband Wien, NÖ, Bgld.

www.zierlart.at


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Quellen: