Ernst Paar (1906 – 1986)
9. Dezember 2024

Prutscher Otto

Otto Prutscher


Prof. Otto Prutscher (1880 bis 1949)

Der Architekt und Künstler Otto Prutscher ist am 7.4.1880 in Wien geboren und am 15.2.1949 gestorben. Er war Vizepräsident in der Berufsvereinigung der bildenden Künstler Österreichs.
Als Architekt war für Prutscher wichtig, dass ein Haus – egal ob Villa oder Wohnhaus – nicht nur für Wohnzwecke diente, sondern auch als Gesamtkunstwerk bewundert werden konnte, da es als Bau mit samt der kompletten Innenausstattung den damaligen Zeitgeist widerspiegeln sollte. Dies entsprach ganz den Ideologien der Wiener Werkstätte.

Prutschers Frühwerke und jene der späteren Jahre unterscheiden sich stark. Während erstere gediegen ausfallen wirken spätere eher sachlich. Neben Villen, Wohnhäusern, sowie Wohnhausanlagen für die Gemeinde Wien sind vor allem auch die Ausstellungsgestaltungen (z.B. die „Erste große Kunstausstellung nach dem 2. Weltkrieg“, welche die Berufsvereinigung der bildenden Künstler Österreichs 1947 gemeinsam mit dem Künstlerhaus im Künstlerhaus veranstaltete und die maßgeblich von Otto Prutscher und Viktor Slama gestaltet wurde) sowie die Gestaltung von Geschäftslokale und Kaffeehaus-Einrichtungen zu nennen, mit denen Otto Prutscher einen wichtigen Beitrag zur Wiener Moderne leistete.

Im Architektenlexikon kann man über Otto Prutscher lesen:

Alles in allem repräsentiert Prutschers architektonisches Œuvre das Prinzip der Solidität zwischen den Polen des Zeitgeistes und der symbolträchtigen Handwerkskunst.“ (3)

Prutscher Otto, Markuskirche im 22. Bezirk in Wien, Wagramerstraße 17 Foto: Wikipedia gemeinfrei


Der Vater von Otto Prutscher war Johann Prutscher (1845-1912); er war Tischlermeister, seine Mutter war Maria Prutscher geb. Tondl (1840-1909).

Otto Prutscher war mit Ernestine Süßmadel verheiratet (Eheschließung 1907) mit der er zwei Töchter hatte.


Otto Prutscher absolvierte eine Tischlerausbildung in der väterlichen Tischlerei und von 1895 bis 1897 die Fachschule für Holzindustrie an der Wiener Kunstgewerbeschule. Seine Lehrer waren Franz Matsch (Zeichnen und Malen), Willibald Schulmeister (ornamentales Zeichnen) und Josef Hoffman (Architektur). Im Jahr 1895 erhielt er das Rothschild-Reisestipendium für Paris und London.

Nach Abschluss der Kunstgewerbeschule arbeitete Prutscher als Designer für namhafte Firmen wie die Wiener Werkstätte, die Wiener Porzellanmanufaktur Augarten, die Glasfirmen Bakalowits und J.&L. Lobmeyer, für Jacob & Josef Kohn, die Möbelfirma Thonet, die Textilfirma Backhausen und die Silberschmiede Klinkosch und entwarf Möbel, Gläser, Porzellanservice, Einbände, Lampen, Luster, Gegenstände aus Silber und Schmuck.

Otto Prutscher beteiligte sich bereits in den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts aktiv an Ausstellungen wie 1900 an der Weltausstellung in Paris, 1901 an der Winterausstellung des Österreichischen Museums für Kunst und Industrie, 1902 an der Kunstgewerbeausstellung in Turin und 1907 an einer Jubiläumsausstellung in Mannheim. Viele Ausstellungen in Wien, Rom, Leipzig, Köln, Paris und Dresden folgten.

Im Jahr 1909 wurde Otto Prutscher zum Professor an der Kunstgewerbeschule Wien ernannt.

1926 wurde er Zivilarchitekt.


Nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich wollte Prutscher, der sich weigerte sich von seiner jüdischen Frau zu trennen, nach Bolivien emigrieren, was ihm jedoch nicht gelang. 1939 wurden ihm alle Ämter entzogen und er wurde durch Verfügung des Reichsstatthalters in den Ruhestand versetzt.


Nach dem 2. Weltkrieg war er von 1945 bis 1946 Leiter des „Offenen Entwurfszeichensaals“ an der Hochschule für angewandte Kunst.


Otto Prutscher war Mitglied in der Berufsvereinigung der bildenden Künstler Österreichs (Vizepräsident), im Österreichischen und im Deutschen Werkbund, in der Zentralvereinigung der Architekten Österreichs, der Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens (1945-46 Stellvertreter des kommissarischen Leiters) und im Niederösterreichischen Gewerbeverein.


Sein Werk wurde schon zu Lebzeiten geehrt durch:

1902 große silberne Medaille der 1.Internationalen Ausstellung für dekorative Künste in Turin

1913 Staatspreis der Stadt Lübeck

1925 Goldene Medaille anlässlich der Teilnahme an der Internationalen Ausstellung in Paris

1931 Semperpreis der Künstlergenossenschaft Wien

1947 Staatspreis der Ersten Großen Kunstausstellung nach dem 2. Weltkrieg, Wien

Das Museum für angewandte Kunst gab von November 2019 bis Oktober 2020 in der Ausstellung „Otto Prutscher – Allgestalter der Wiener Moderne“ Einblick in das Schaffen des Künstlers.

Vom 10.09.2021 bis 20.02.2022 zeigte das Leopold Museum die Sammlung Schedlmayer. Das Ehepaar Schedlmayer, welches die 1912 von Otto Prutscher maßgeblich umgebaute Villa Rothberger in Baden bei Wien erwarb, schätzte den Facettenreichtum von Prutschers kunsthandwerklichen Arbeiten. Etliche davon waren in der Ausstellung zu sehen.


Berthild Zierl
Präsidentin der Berufsvereinigung der bildenden Künstler Österreichs
Landesverband Wien, NÖ, Bgld.

www.zierlart.at


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Quellen:

(1) Archiv der Berufsvereinigung der bildenden Künstler Österreichs, Schloss Schönbrunn, 1130 Wien
(2) Katalog Otto Prutscher 1880–1949. Architektur, Interieur von Matthias Boeckl, ISBN 3-85211-054-8.
(3)
Architekturlexikon, – http://www.architektenlexikon.at/de/480.htm
(4) https://orf.at/stories/3144890/