Hugo Franz Kirsch wurde als Sohn von Hugo und Marie Kirsch am 15. Juli 1873 in Haindorf bei Friedland in Böhmen geboren.
Sein Vater war Geschäftsführer der Porzellanfabrik R. Persch in Mildeneichen bei Haindorf. Die Fabrikmarke ist unter den Buchstaben RPM bekannt. Die renommierte Porzellanfabrik Persch durfte als Verdienst für mehrfache Prämierungen den kaiserlichen Adler in Schild und Siegel führen.
Als der Fabrikant Robert Persch tödlich verunglückte und sich Kirschs Vater dessen Frau und ihrer sechs Kinder annahm, ließ er auch seinen Sohn ausbilden, damit dieser die Firma später übernehmen könnte, wozu es aber nicht kam, da Kirsch sen. aufgrund eines Zwists die Firma verließ und eine Speditionsfirma gründete.
In „Wiener Keramik nach 1900, Hugo F. Kirsch“ von Waltraud Neuwirth wird berichtet, dass Hugo Franz Kirsch um 1889/90 bis 1992 in die k.k. Fachschule für Tonindustrie in Teplitz und nach deren Abschluss in München die Kunstgewerbeschule besuchte. Da Hugo Franz Kirsch jedoch in den Matrikelbüchern der Kunstgewerbeschule in München nicht aufscheint, dürfte er als Gasthörer die Schule besucht haben.
Von 1998 bis 1901 studierte Hugo F. Kirsch an der Kunstgewerbeschule in Wien bei den Professoren Felician Myrbach, Josef Breitner, Franz Barwig und Friedrich Linke. Bei Prof. Breitner studierte Kirsch Bildhauerei von 1899 bis 1901. Im letzten Jahr besuchte er neben dem Bildhauerstudium auch den Keramikkurs von Prof. Linke, wobei ihn besonders die Glasurstudien derart beeindruckten, dass er später Jahrzehntelang immer wieder Glasurexperimente durchführte.
Im Jahr 1901 beteiligte er sich erstmals an einer Ausstellung der Wiener Kunstgewerbeschule.
Historisch getreu und nur geringfügig modernisiert wurden Kirsch Figuren ausgeführt, welche auch Charaktere jener Zeit wiederspiegelten. Kirschs Arbeiten mit hohem ästhetischem Wert wurden gerne als Schmuck in einem modernen Haushalt aufgestellt.
In Fachzeitschriften wurde der Künstler hoch gelobt. So berichtete beispielsweise B. Schlader in der Zeitschrift „Deutsche Kunst und Dekoration“ (22/1908, S. 261-264):
„Kirsch modelliert und führt seine Arbeiten, die sich durch Originalität und Urwüchsigkeit in der Modellierung sowie feines Formenempfinden auszeichnen, selbst aus. Dabei ist er frei von Manieriertheit, denn an jedem Stück erkennt man den Künstler.“ (Wiener Keramik nach 1900, Hugo Kirsch von Waltraud Neuwirth)
Ab 1906 beteiligte sich Hugo Franz Kirsch an den Winter- und Frühjahrsausstellungen des Österreichischen Museums für Kunst und Industrie und an den Ausstellungen des Wiener Künstlerhauses. Im selben Jahr heiratete der Künstler. Mit seiner Frau Betty (1874-1951) hatte er eine Tochter namens Helene. Seine Frau und seine Tochter dienten dem Künstler häufig als Modelle.
Mit der gleichen Sorgfalt, wie der Künstler Menschen darstellte, beobachtete er auch Tiere. Dazu schreibt Otto Pelka in Wiener Keramik nach 1900, Hugo Kirsch von Waltraud Neuwirth auf Seite 26:
„Die große Anzahl seiner Tierschöpfungen zeigen ihn auch auf diesem Gebiet als meisterhaften Beherrscher einer schwierigen Technik, der es versteht, die im Material schlummernden Schönheiten zu künstlerischer Entfaltung zu bringen.“
Etwas weiter unten heißt es im selben Text:
„Überblickt man das Werk dieses noch jungen Künstlers, so ist man überrascht von seiner Vielseitigkeit. Er hat eigentlich keine Spezialität. Jedes Motiv, sofern es ihm künstlerische Befriedigung verspricht, ist ihm willkommen. Nie wiederholt er sich oder wird er eintönig. In allen Schöpfungen pulsiert frisches, blühendes Leben.“
Im Laufe seines Künstlerlebens hat Hugo F. Kirsch auch viele historische Persönlichkeiten dargestellt. In den späteren Jahren ist auch eine verstärkte religiöser Thematik erkennbar.
In Kirschs Gebrauchsgegenständen waren geometrische Dekore vorherrschend, pflanzliche Motive waren nur in stilisierter Form enthalten. Hervorzuheben ist beim Œuvre von Hugo F. Kirsch auf alle Fälle auch die Vielfalt der verwendeten keramischen Massen und Glasuren, welche der Künstler auch in vielen eigenen Aufzeichnungen festhielt.
Neben den Keramiken, welche den Hauptteil seines Œuvre darstellen, arbeitete der Bildhauer auch in Holz, Gips, Sandstein, Kunststein, Bronze, Hartblei, Erz und Elfenbein. An einigen Häusern in Wien befinden sich heute noch Hauszeichen und Steinreliefs von ihm, wie beispielsweise im 20. Bezirk am Kapaunplatz 7 das Kunststeinrelief „Zimmermann“ und im 21. Bezirk in der Jedleseer Straße 79-95 die Hauszeichen „Wiedehopf“ und „Kiebitz“.
Von 1925 bis 1936 war Kirsch auch als Zeichen- und Handarbeitslehrer an verschiedenen Wiener Mittelschulten tätig.
Hugo Franz Kirsch war Mitglied in der Berufsvereinigung der bildenden Künstler Österreichs und im Künstlerhaus.
Der Künstler wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet und seine Arbeiten wurden von bedeutenden Museen angekauft.
Er erhielt 1914 die silberne Medaille der Kunstausstellung Klagenfurt, 1916 die silberne Medaille der Kunstausstellung des Roten Kreuzes in Mödling, im Jahr 1922 den Jubiläums-Förderpreis der Schützengilde des Künstlerhauses, 1928 den Preis der Großen Kunstausstellung des Künstlerhauses für die Gesamtleistung, 1937den ersten Preis der Wachauer Kunstausstellung Sparkasse Stadt Krems und den Goldenen Lorbeer des Künstlerhauses im Jahr 1949. Außerdem wurde ihm der Titel Regierungsrat verliehen.
Hugo F. Kirsch starb am 24. Mai 1961 in Wien.
Berthild Zierl
Präsidentin der Berufsvereinigung der bildenden Künstler Österreichs
Landesverband Wien, NÖ, Bgld.
www.zierlart.at
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Quellen:
Archiv der Berufsvereinigung der bildenden Künstler Österreichs
Wiener Keramik nach 1900, Hugo Kirsch von Waltraud Neuwirth, Verlag Schneider-Henn, ISBN 3-923239-16-5
MAK – Österreichisches Museum für angewandte Kunst / Gegenwartskunst, Stubenring 5, 1010 Wien, Österreich, Keramiksammlung