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Gustav Hessing

Gustav Hessing

Gustav Hessing
(1909 – 1981)

Gustav Hessing ist ein äußerst interessanter Künstler der österreichischen Nachkriegsmalerei, der sich vorwiegend der Porträt-, Landschafts- und Stillleben-Malerei widmete. Die bevorzugten Techniken waren Ölmalerei und Aquarell doch hinterließ er auch ein umfangreiches grafisches Werk mit beispielsweise zahlreichen Radierungen. Gobelins, Mosaike und Sgraffiti für Fassadengestaltung erweiterten das künstlerische Spektrum.

Die Auseinandersetzung mit den Werken und der Lehre von Paul Cézanne – welcher sich den von der akademischen Kunst aufgestellten Regeln teilweise widersetzte und neue Gestaltungsmethoden auf der Grundlage des impressionistischen Farbraums lehrte – beeinflussten Gustav Hessing, bevor er seinen eigenen für ihn charakteristischen Stil entwickelte, der nach dem 2. Weltkrieg Einflüsse des Tachismus in all seinen Spielarten enthält. Häufig setzte er kräftige Farbtöne nebeneinander. Dabei blieb er trotz stetig stärker werdender Abstraktion der Gegenständlichkeit treu.

Jeder Farbfleck wird wie ein Baustein bewusst an seinen Platz gesetzt, wobei die einzelnen Bildpartien auf diese Weise oft erst nach längeren Zeitabschnitten zusammenwachsen und Form annehmen. Der Raum spielt dabei praktisch keine Rolle. Das Wesentliche ergibt sich bei Hessing durch das Zusammenspiel und die Anordnung der Farben, durch die er seine Menschen und Stillleben quasi dem Raum entrückt und sie gleichzeitig als Teil eines größeren Systems darstellt.“

meint Ina Waldstein auf der Webseite der Galerie Suppan Fine Arts unter https://www.suppanfinearts.com/de/exhibitions/past/gustav-hessing

Hessing Gustav, Dorfstraße im Herbst
Aquarell auf Papier, 48,5 x 63 cm, 1937, Foto BV-Archiv

 

Gustav Hessing wurde am 20.1.1909 in Cernauti (Czernowitz) in der Ukraine geboren und ist am 08.01.1981 in Wien gestorben.

Von Hessings Vater wissen wir, dass er Zeichenunterricht gab. Es ist naheliegend, dass er seinem Sohn das Talent vererbt haben dürfte.
Die künstlerische Ausbildung erhielt Gustav Hessing in den Jahren 1926 – 1931 an der Wiener Akademie der bildenden Künste bei den Professoren Ferdinand Andri und Karl Fahringer.

Später unterrichtete Hessing selber an der Akademie der bildenden Künste; er war Leiter einer Meisterschule.

Hessings frühe Arbeiten sind von starker Farbigkeit geprägt. 1937 konnte Hessing erstmals in der Wiener Sezession ausstellen.
Zwei Jahre später wurde er unter dem Regime der Nationalsozialisten von der Gestapo verfolgt, er erhielt Berufsverbot, konnte im Untergrund überleben.

Unser Mitglied Ernst Fuhrherr war damals noch ein Kind. In einem Interview erzählte er mir, dass sein Vater, Franz Fuhrherr, Gustav Hessing, der sich in der Kaiserstraße in Wien versteckte und sehr unter Hunger litt, in dieser Zeit immer wieder geholfen hat, und er als Kind Hessing zum Malen Farben und Papier aus dem Geschäft des Vaters gebracht habe.
Der Zweite Weltkrieg war für den Künstler mit jüdischen Wurzeln aber nicht nur wegen des verhängten Berufsverbotes eine schwere Zeit. Er verlor sein ganzes Hab und Gut und viele seiner Familienmitglieder wurden ermordet. In dieser Zeit malte Hessing sehr düstere Aquarelle, wobei ein Großteil seiner Arbeiten im Krieg zerstört wurde.

Hessing Gustav, Winterlandschaft, entstanden während des 2. Weltkrieges
Foto: BV-Archiv

 

Nach dem 2. Weltkrieg war Hessing Mitbegründer der Künstlergruppe „Der Kreis“, welche von 1946 bis 1980 bestand und deren Präsident er von 1946 bis 1949 war. In Bezug auf künstlerische Stilrichtungen war die Künstlergruppe sehr tolerant – alle Stilrichtungen waren zugelassen.

Die Nachkriegsjahre gestalteten sich für Gustav Hessing sehr schwierig. Im Jahr 1949 half die Berufsvereinigung der bildenden Künstler Österreichs durch einen Werk-Ankauf, welcher durch einen eigens eingerichteten Sozialfonds finanziert wurde, ihrem Mitglied über die schwere Zeit hinweg.

Im Rahmen von „Kunst am Bau“ konnte Gustav Hessing für den Wiener kommunalen Wohnbau der fünfziger Jahre des vorigen Jahrhunderts in der Zeit von 1953-54 in der Czartoryskigasse drei Torumrahmungen „Heimische Tiere und Pflanzen“ und 1955 das Sgraffito “ Idyllische Landschaft“ in der Gschwandnergasse im 17. Bezirk gestalten. An den Fassaden Panikengasse 6-8 und Ganglbauergasse 3 im 16. Bezirk befinden sich großflächige Sgraffiti „Dekorative Landschaften mit Tieren“ von Gustav Hessing aus dem Jahr 1959. Zu sehen ist die heimische Tierwelt in Bergen und Wäldern. Während die Wandbilder an der Fassade in der Panikengasse zwischen den Fensterachsen angeordnet sind, wird jenes in der Ganglbauergasse von zwei Fensterreihen durchbrochen.

 

Panikengasse 6-8,  1160 Wien
Foto: Wilhelm Oberhofer

1979 hatte Hessing eine große Retrospektive in der Österreichischen Galerie Belvedere.
Er war Mitglied in der Berufsvereinigung der bildenden Künstler Österreichs, der Wiener Secession und in der Künstlergruppe „der Kreis“.

Sein Werk wurde schon zu Lebzeiten gewürdigt und geehrt.
Im Jahr 1967 erhielt Hessing den Preis der Stadt Wien für bildende Kunst und 1979 das Große Silberne Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich.
Heute befinden sich seine Werke in vielen Sammlungen, u.a. in der Österreichischen Galerie Belvedere, im Museum Leopold und den Landessammlungen des Landes Niederösterreich.
Gustav Hessing wurde in einem ehrenhalber gewidmeten Grab auf dem Wiener Zentralfriedhof (Gruppe 10, reihe 4, Nr. 87) begraben.


Berthild Zierl

Präsidentin der Berufsvereinigung der bildenden Künstler Österreichs
Landesverband Wien, NÖ, Bgld.
www.zierlart.at



Quelle:

Archiv der Berufsvereinigung der bildenden Künstler Österreichs, Schloss Schönbrunn, Ovalstiege 40
Gustav Hessing, Sensation der Farbe, Wien 2005, Edition Martin Suppan
https://sammlung.belvedere.at/people/801/gustav-hessing