Anton Bienert war Akademischer Maler, Professor, Ehrenmitglied des Mariahilfer Heimatmuseums (heute Bezirksmuseum) und Mitglied der Berufsvereinigung der bildenden Künstler Österreichs. Das von Bienert über Jahrzehnte geschaffene Diorama „Ratzenstadl“, welches heute im Bezirksmuseum Mariahilf bewundert werden kann, ist durch seine liebevoll wiedergegebene Detailgenauigkeit ein wichtiges Zeitzeugnis.
Bienert studierte an den Kunst-Akademien in Wien und Düsseldorf. Nach Aufenthalten in verschiedenen Städten Deutschlands leitete er fünf Jahre lang die Berliner Kunstanstalt.
Wieder in Wien, wandte er sich nach Historienmalerei der dekorativen Kunst, dem Aquarell, der Panoramen- und Perspektivmalerei zu. Er schuf Portraits, Landschaften und Architekturbilder.
Schon in jungen Jahren beschäftigte Bienert sich mit seinem heute bekanntesten Werk, dem Diorama des „Ratzenstadl um 1820“. Das war ein Gebiet in Mariahilf, wo nach der Verwüstung durch die Zweite Türkenbelagerung ab 1689 ein neues Wohnviertel entstand. Der Name Ratzenstadl geht möglicherweise auf den Namen Ferdinand Ratz zurück, der als Bau- und Steinmetzmeister dort wirkte und eine Gedenksäule errichten ließ.
Anton Bienert arbeitete wie schon erwähnt von seiner Jugend an am Diorama, und das viele Jahre lang. Sowohl nach eigenen Skizzen und Aquarellen, als auch unter Verwendung von Werken weiterer Künstler gestaltete er das 3 m x 3,20 m große Diorama aus Holz, Karton, Papier und Gips. Sein Bestreben war es offenbar, bewusst den Zustand des Gebietes vor seiner Zeit festzuhalten. Dafür griff er zum Beispiel auf Fotografien von August Stauda (1861-1928) zurück, und auf weitere Arbeiten seit ca. 1820. Etwa auch auf Michael Winklers (1822- 1893) Orientierungs-Schema mit entsprechenden Plänen, in welchen dieser 1862/63 ein neues, bis heute gültiges Ordnungssystem von Hausnummern und Straßennamen darlegte.
Dieses Diorama Bienerts, welches er dem Bezirksmuseum Mariahilf vermachte, ist heute Mittelpunkt dieses interessanten Museums.
Mit unglaublicher Akribie sind nicht nur Wohnhäuser, Geschäfte und deren Umgebung wiedergegeben, sondern auch Menschen, Tiere, Kutschen, Brunnen und der Wienfluss mit dem darüber führenden Margaretensteg. Brunnen, Fluss und Steg zeigt Bienert allerdings in einem zu dieser Zeit nicht mehr existierenden Zustand. Der alte Holzbrunnen war bereits durch einen neuen ersetzt worden, der nun gegen Ende des 19.Jhs. auch an das Wassernetz angeschlossen wurde. Der Wienfluss war bereits reguliert und der ursprüngliche Margaretensteg aus Holz war schon1856 durch eine relativ moderne metallene Kastenbrücke ersetzt worden. Auch diese wurde im Zuge der Wientalregulierung 1900 abgetragen.
Warum Anton Bienert dieses Diorama eigentlich machte, weiß man nicht, wie man auch allgemein sehr wenig über sein Leben weiß.
Möglicherweise ist das Datum 1933 von Interesse, als der 250. Jahrestag der 2. Türkenbelagerung gefeiert wurde und das noch halbfertige Modell für die Endfertigung von Bürgermeister Weißkirchner gefördert wurde. Es hatte seinen ersten Standort im Rathaus, während das neue städtische Museum gebaut wurde, wo es seinen endgültigen Standort erhalten sollte.
Mit Kriegsausbruch wurde die Fertigstellung des neuen städtischen Museums eingestellt, das Modell wurde in Kisten verpackt und fast zwei Jahrzehnte vergessen. Nur wenige, aber prominente Künstler wussten von dem Werk, und deren begeisterte Worte und ungeteiltes Lob war der einzige Lohn, den Anton Bienert für sein aufwändiges, großartiges Werk erhielt.
Mag. Ulrike Chladek
Sektionsleiterin-Stellvertreterin der Sektion Bildhauerei
der Berufsvereinigung der bildenden Künstler Österreichs
Landesverband Wien, NÖ, Bgld.
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Quelle:
Archiv der Berufsvereinigung der bildenden Künstler Österreichs, Schloss Schönbrunn, Ovalstiege 40
Unterlagen für die Texte als auch die Bilder wurden freundlicherweise vom Bezirksmuseum Mariahilf zur Verfügung gestellt.