Karl Prantl (1923 – 2010)
Der österreichische Bildhauer Karl Prantl ist ein wichtiger Wegbereiter der abstrakten Bildhauerei in Österreich. Er ist am 5.11.1923 in Pöttsching im Burgenland geboren und am 8.10.1910 ebendort gestorben.
Im Zentrum seiner skulpturalen Arbeit stand die intensive Auseinandersetzung mit dem Prozess der Formwerdung. Dabei zeichnete der Künstler die Bewegungen der Steine, deren Schwellungen und Einbuchtungen, behutsam nach. Manchmal bewahrte er die naturgegebene Oberfläche und sogar die Spuren des Bruchs und ein anderes Mal gelang es ihm, durch exzessives Schleifen und Polieren Steine so zu verändern, dass ihre Oberflächen wie durch eine neue – sie schützende – Haut umhüllt in ihren naturgegebenen Farben erstrahlten. Im Rot, Blau oder Schwarz eines Granits, dem Grün eines Serpentins, dem Blaugrau des Labradors oder dem Weiß eines Marmors wurden von ihm Adern und Einschlüsse (Lebensadern gleich) unbedingt und deutlich sichtbar erhalten.
Kristian Sotriffer schreibt dazu auf Seite 59 im Buch des Frankfurter Kunstvereins „Karl Prantl“ (2):
„In einem ständigen Wechselspiel zwischen kontemplativer und aktiver, introvertierter und extravertierter, ruhiger und ruheloser Handlungsweise entwickelte Karl Prantl ein Werk, in dem sich sammelt und schichtet, was – von den Schlacken des Lebens befreit – einem Zustand des Immerwährenden, Unangreifbaren, Unzerstörbaren entgegenstrebt; einer Dauer, vergleichbar dem Stein, dessen Festigkeit er betont, an dessen Dichte er sich misst.“
Das künstlerische Werk von Karl Prantl war außerdem stets auch von gesellschaftlicher Relevanz und lud bzw. lädt noch immer die Betrachter nachdrücklich zur Reflexion ein.
Nach dem Zweiten Weltkrieg (Karl Prantl war damals als Soldat auf Kreta eingesetzt) studierte er von 1946 bis 1952 mit einigen Unterbrechungen Malerei an der Akademie der Bildenden Künste in Wien bei den Professoren Albert Paris Gütersloh und Herbert Boeckl und schloss mit einem Diplom ab.
Parallel zum Studium der Malerei begann Prantl im Selbststudium den Weg des Bildhauers einzuschlagen. Im Winter 1950/51 entstanden in der Werkstatt im elterlichen Haus die ersten Skulpturen. Ab 1953 wandte er sich dann ausschließlich der Bildhauerei zu.
Von 1953 bis 1955 lebte und arbeitete Karl Prantl in einer selbstgebauten Unterkunft in der Orangerie im Schloss Esterházy in Eisenstadt. Die Einwilligung dazu erteilte die russische Besatzungsmacht, welche später, nach Abschluss des Österreichischen Staatsvertrags, im Jahr 1955 hinfällig wurde. Im Schloss Esterházy stand damals auch ein Ausstellungsraum zur Verfügung.
1956 ermöglichte ihm ein Stipendium des Österreichischen Bundesministeriums für Unterricht und Kunst einen sechsmonatigen Studienaufenthalt in Rom. Im gleichen Jahr unternahm er auch eine Reise nach Griechenland.
1957 heiratete der Künstler die Malerin Uta Peyrer. Mit ihr war er mehr als 50 Jahre verheiratet und hatte zwei Kinder. Beide Kinder sind ebenfalls künstlerisch tätig. Die Tochter Katharina (geb. 1958) ist Malerin und der Sohn Sebastian (geb. 1960) Tänzer und Choreograph.
1958 konnte er sich ein Atelier in Wien in den Stadtbahnbögen der damaligen Stadtbahn einrichten. Dank seines Organisationstalents entstanden viele Künstlersymposien.
1959 initiierte er zusammen mit Dr. Friedrich Czagan und Heinrich Deutsch das 1. Symposium Europäischer Bildhauer in St. Margarethen im Burgenland.
Das Arbeiten im Freien im Steinbruch – direkt an der Materialquelle – war etwas ganz Neues und durch die Symposien führte Karl Prantl außerdem Bildhauerinnen und Bildhauer unterschiedlicher Kunstrichtungen, Nationen und Länder zusammen und ermöglichte so einen fruchtbaren, künstlerischen und menschlichen Austausch. Die Teilnehmenden an diesem Bildhauersymposium (und etlichen in späteren Jahren folgenden) gründeten ihrerseits Bildhauersymposien in ihren Herkunftsländern in West- und Osteuropa und später sogar in Amerika und Asien. Dadurch trugen sie die Idee des gemeinsamen Arbeitens in die ganze Welt.
1961-1962 nahm Karl Prantl an einem spontan nach dem Bau der Berliner Mauer ins Leben gerufenen Symposium in Berlin teil. Die Bildhauer setzten mit diesem Symposium durch ihr gemeinsames Arbeiten der trennenden Mauer der Gewalt eine verbindende humane Botschaft entgegen.
Im Laufe der Jahre nahm Karl Prantl noch an etlichen weiteren Bildhauersymposien in Österreich, Deutschland, der Slowakei, den USA, den Niederlanden, Israel, Japan, Italien, Norwegen und Indien teil. Neben der gestalterisch-künstlerischen Dimension nahmen einige auch (wie das oben erwähnte in Berlin) eine politische oder religiöse Stellung ein.
Und so steht beispielsweise auf dem einstigen Symposiums-Gelände im ehemaligen Konzentrationslager Mauthausen eine mehr als 6 m hohe abstrakte Meditationsskulptur aus Granit von Karl Prantl.
Dank seiner Initiative entstanden Skulpturenstraßen, wie beispielsweise im deutschen Gießen der „Gießener Kunst Weg“. Dort steht auf dem Universitätsgelände ein „Meditationsstein“ von Karl Prantl neben Werken von Ulrich Rückriem, Gerhard Marcks, Stephan Balkenhol, Norbert Radermacher, Ernst Hermanns und Per Kirkeby (8).
Viele Werke von Karl Prantl stehen heute im öffentlichen Raum und in Kirchen etlicher europäischer Städte.
In Wien gibt es beispielsweise im 10. Bezirk einen mosaikverzierten Brunnen aus dem Jahr 1959 in der Oberlaaer Straße 87 (im Hof), eine Meditationsskulptur aus dem Jahr 1972 im Kurpark Oberlaa und einen Grenzstein von 1994 vor dem Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen in der Oberen Donaustraße.
Karl Prantl war Mitglied der Wiener und der Münchner Akademie der Künste, der Berufsvereinigung der bildenden Künstler Österreichs, in der Künstlergruppe „Der Kreis“, im Verein „Symposien Europäischer Bildhauer“ und des „Burgenländischen Künstlerbundes“ (7).
Sein künstlerisches Werk wurde schon zu seinen Lebzeiten geschätzt und geehrt. Er erhielt
1962 den Deutscher Kritikerpreis (Sparte Bildende „Kunst“)
1968 den Preis der Stadt Wien für Bildende Kunst
2005 das Österreichische Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst
2007 den Sparda-Bank Südwest-Preis für besondere Leistungen der Kunst im öffentlichen Raum und
2008 den Großen Österreichischen Staatspreis für Bildende Kunst
1986 war Karl Prantl Österreichs Vertreter bei der Biennale in Venedig.
Zum Schluss möchte ich den Künstler noch selber zu Wort kommen lassen. Die tieferstehenden bewegenden Worte zu seiner Arbeit stammen aus dem Dokumentationsfilm des ORF von 2002 „Die Steinspur“.
„Ich habe den Glauben, wie ich erzogen wurde, nicht mehr, aber der Ersatz dafür oder das andere, dafür habe ich kein Vokabular. Ich erlebe sinnlich. Der eine sagt Gott, der andere Natur und wieder ein anderer meint die Auferstehung von Leib und Seele – jeder auf seine Weise. Und ich hoffe, dass sich die Steinhaut und meine Haut, dass sich das begegnet und eins wird und sich auflöst, je schöner, umso besser – und um diese Schönheit geht es“.
Karl Prantl starb am 8.Oktober 2010. Er wurde in einem Ehrengrab am Friedhof in Pöttsching begraben, mit Blick auf seinen Grenzstein, jenem Stein, der 1958 am Beginn seiner Künstlerkarriere im Steinbruch von St. Margarethen entstand.
Präsidentin der Berufsvereinigung der bildenden Künstler Österreichs
Landesverband Wien, NÖ, Bgld.
www.zierlart.at
Bitte beachten Sie, dass verlinkte Seiten im Internet u. U. häufig verändert werden und dass Sie die sachliche Richtigkeit der dort angebotenen Informationen selbst überprüfen müssen.
Quellen:
(1) Archiv der Berufsvereinigung der bildenden Künstler Österreichs, Schloss Schönbrunn, Ovalstiege 40
(2) Karl Prantl – Plastiken 1950–1981, Frankfurter Kunstverein, 1981, Gesamtherstellung: Welsermühl, Wels
(3) Karl Prantl Steine, Yorkshire Sculpture Park, Elisabeth Thoman-Oberhofer und Peter Weiermair, Kündig Druck AG, Baar, Schweiz, ISBN 3-908161-11-8
(4) Karl Prantl, Der Stein im Richisau, 1988, Erker-Verlag, Franz Larese und Jürg Janett, St. Gallen, Schweiz, ISBN 3-905545-18-0
(5) Karl Prantl, Austria Biennale di Venezia, 1986, Löcker Verlag, Wien, ISBN 3-85409-094-3
(6) https://www.karlprantl.at, Zugriff Juli 2020
(7) https://edoc.ub.uni-muenchen.de/9542/1/Winter_Alexander.pdf, Zugriff Juli 2020
(8) https://www.diepresse.com/600747/karl-prantl-der-mann-der-mit-den-steinen-sprach, Zugriff Juli 2020