Ernst Degasperi
22. April 2016
Oskar Gawell
13. September 2016

Otto Beckmann

Otto Beckmann

Otto Beckmann

(1908 – 1997)

Der am 5. Mai 1908 in Wladiwostok, Russland geboren und am 13. Februar 1997 in Wien verstorben Otto Beckmann war Pionier der Computerkunst.



1922 flüchtete die Familie – ohne den Vater, der im Jahr darauf verstarb – infolge des Bürgerkrieges nach Österreich.
Otto Beckmann war mit Johanna Maier (1906 bis 1982) verheiratet und hatte vier Söhne, Otto, Oskar, Georg und Richard.

Ab 1983 war er mit Monika Tanzberger verheiratet.


Otto Beckmanns künstlerische Ausbildung begann neben einer Lehre als Mechaniker mit Spezialkursen für Maschinenbau an der Elektro- und Maschinenbau-Gewerbeschule im 6. Bezirk in Wien, mit Malkursen bei Franz Lerch an der Volkshochschule in der Stöbergasse in Wien sowie als Gastschüler an der Kunstgewerbeschule des Österreichischen Museums im 1. Bezirk in Wien. Danach besuchte er die HTL in Mödling und später die Akademie der bildenden Künste in Wien, wo er in den 1930er Jahren Bildhauerei studierte.


In den späten 1940er Jahren schloss er sich der Künstlergruppe „Der Kreis an. Die Mitglieder präsentierten gemeinsam moderne Kunst, wobei die Moderne als eine Vielfalt von Bestrebungen aufgefasst wurde.

1941 wurde er Lehrer an der Staatlichen Kunstgewerbeschule Krakau, wo er bis zu deren Schließung im Jahr 1944 unterrichtete.

Im selben Jahr wurde Otto Beckmann zum Volkssturm eingezogen, obwohl er zuvor aus gesundheitlichen Gründen für untauglich erklärt worden war.


Ab 1945 lebte er als freischaffender Künstler in Wien.

Otto Beckmann trat 1945 trat der Berufsvereinigung der bildenden Künstler Österreichs bei und war Mitglied in verschiedenen Künstlergemeinschaften.
In den 1950er Jahren trat Beckmann der Künstlergruppe „Kleeblatt“ bei, einem losen Zusammenschluss informeller Maler und Malerinnen im Umkreis der Wiener Secession. Er unterhielt intensivere Beziehungen mit Karl Kreutzberger, Walter Eckert und Grete Yppen und die Künstlerinnen und Künstler stellten gemeinsam aus.
1951 wurde er Mitglied der Wiener Secession.

1966 gründet Otto Beckmann die Experimentalgruppe „Ars Intermedia“, deren Arbeiten in Ausstellungen gezeigt wurden.

Von Otto Beckmanns Sohn Oskar habe ich erfahren, dass die Bezeichnung intermedia programmatisch für die frühe Medienkunst stehe– es wurde an Film, Grafik, Musik und Text gearbeitet. Die Gruppe „Ars Intermedia“ sei als Experiment gedacht gewesen, um Künstler und Wissenschaftler zusammenzuführen.
Frieder Nake schreibt dazu im art journal Vol. 68, 2009, p84:

Ars intermedia probably can be considered the art-technology collaboration of earliest and longstandig besides E.A.T. (New York)“


Der Bogen des vielfältigen Gesamtwerkes unser verstorbenes Mitglieds Otto Beckmann, das sich nur äußerst schwierig in zeitlich aufeinanderfolgende Perioden unterteilen lässt, spannt sich von der Bildhauerei, Malerei, Fotografie, Grafik, der Gestaltung von zahlreichen Mosaiken an Wiener Wohnbauten, Gestaltung von Kirchenfenstern und –türen bis hin zur Computergrafik, Literatur und dem Film.
In Otto Beckmanns Arbeiten spielten die Kunstrichtungen Symbolismus, Surrealismus und Rationalismus, aber auch die abstrakte Kunst – und hier besonders Art Informel – immer eine wesentliche Rolle. Manchmal dominierte in gewissen Schaffensperioden eine Stilrichtung, jedoch immer nur so, dass auch die anderen gegenwärtig blieben. Einerseits griff Beckmann immer wieder surrealistische Themen in seinen Grafiken, Skulpturen und anderen Objekten auf und andererseits entwickelte er, basierend auf der Mathematik, Kompositionstechniken und Konstruktionen, welche natur- oder geisteswissenschaftliche Gesetzmäßigkeiten genauso einbezogen wie abstrakte Zufälligkeiten. Für Otto Beckmann war immer auch ein metaphysisches Weltverständnis maßgebend. Er setzte sich Zeit seines Lebens intensiv mit der Gnosis, dem Neuplatonismus und den Lehren der Pythagoreer sowie verschiedenen Urvölker auseinander. Diese stellten, dem kosmischen Prinzip der Unbegrenztheit jenes der Begrenztheit gegenüber. Ein Sinnbild für diese These war für Otto Beckmann die Zahl, die nach der Lehre allen Dingen ihre Struktur verleiht.

Peter Peer
schreibt dazu in „Otto Beckmann – Zwischen Mystik und Kalkül“, dass Otto Beckmann versucht habe, mittels Mathematik verborgene Strukturen hinter allem Sichtbaren zu finden und der Computer für ihn dazu ein Kunstinstrument war, mit dem er Gesetzmäßigkeiten des Kosmos zu ergründen versuchte.

 


 

Bekannt wurde Otto Beckmann vor allem wegen seiner bahnbrechenden Pionierarbeit in der Computerkunst. Er entwickelte schon früh erste Gedanken zur künstlerischen Formgebung auf der Basis mathematischer Methoden wie Algorithmen. Fasziniert von der Mathematik, besonders von der Anwendung von Algorithmen fertigte Otto Beckmann schon bald nach dem Studium Metallgefäße an, welche errechneten rotationssymmetrischen Körpern entsprachen. Einige Jahre später führte er mit solchen Überlegungen auch Emailbilder und Plastiken aus.

Otto Beckmann war stets auf der Suche nach etwas Neuem in der Kunst, da er keinesfalls nur Nachahmer von etwas schon Dagewesenem, ja nicht einmal nur Nutznießer von bekannten Darstellungsmöglichkeiten sein wollte. Die Computerkunst eröffnete ihm einerseits neue Perspektiven und ein großes Arbeitsfeld, welches vielfältigste Werke entstehen ließ und war andererseits für ihn jenes Kunstinstrument, mit Hilfe dessen er beispielsweise die Gesetzmäßigkeiten des Kosmos ergründen konnte, da ihn wie bereits erwähnt, Phänomene jenseits des Rationalen, bis hin zu existenziellen Grenzerfahrungen beschäftigten.

Dabei ist es jedoch äußerst wichtig zu vermerken, dass sich Otto Beckmanns Kunst keinesfalls nur in technischen Verfahren und Methoden verlor. Die Mathematik und der Computer waren für ihn ein Weg, um die Strukturen hinter dem Sichtbaren aufzuspüren und etwas Neues zu kreieren.

So arbeitete er beispielsweise parallel zu den Arbeiten mit Algorithmen mit physikalischen, optischen Verfahren und fertigte Reliefs oder Skulpturen aus transparenten Materialien an. Mit speziellem Licht wurden die im normalen Licht nicht sichtbaren, physikalischen Eigenschaften sichtbar gemacht. (Otto Beckmann, Zwischen Mystik und Kalkül, Verlag Walther König, Köln, Seite 61)

 

1969 war Otto Beckmann Teilnehmer am legendären Computerkunst-Symposion „Nove Tendencije“ in Zagreb.
Im Jahr 1970 ließ sich Otto Beckmann von seinem Sohn Oskar nach seinen Vorstellungen einen Computer installieren, welcher für künstlerische Aufgaben konzipiert wurde und u.a. interaktiv virtuelle 3-D Objekte generierte.

Fortan konnte er fotografische Verfahren, Lasertechnik und akustische Signale kombinieren.

Überblendungen mit Fotografien von Landschaften und Gebäuden entstanden beispielsweise als visionäre „Architekturszenarien“ als Computergrafiken, welche durch die Beugung des Lasers an Strukturen entstanden.
Die Lichtskulptur Metropolis 2080 aus der Serie Metroplis ist eines von mehreren Werken, welche Beckmann für die erste und zweite ARS Electronica in Linz (1979+1980) konzipierte.

Das von Otto Beckmann für die ARS Elecronica damals eingereichte Projekt enthielt die zukunftsweisende Vorstellung, dass z.B. im Bereich der Donau-Brücke in Linz (diese ist auf dem Foto zu sehen) mit einer Lasershow Formen projiziert werden, unter welchen die Besucher durchschreiten könnten. Heute ist so etwas möglich, aber damals konnten nur die zukunftsweisenden Computergrafiken in einer Ausstellung im Brucknerhaus präsentiert werden.

 


 

Bemerkenswert ist auch, dass Otto Beckmann schon in den 1970er Jahren, als Networking noch nicht aktuell war, mit vielen Künstler wie Marc Adrian, Kurt Alsleben, Frieder Nake, Georg Nees u.a.m. vernetzt war. Seine Kontakte reichten auch nach Übersee: Nordamerika, Südamerika und Japan.

 


 

In dieser Zeit erzeugte Otto Beckmann gemeinsam mit Oskar Beck auch einen „Bild-Ton-zugeordneten Computerfilm“. Damit erweitere Otto Beckmann sein bisher schon vielfältiges Gesamtwerk um eine weitere Kategorie, den „B-T-Z-Film”. Der Film wurde im Österreichischen Fernsehen und im Arri-Kino in München gezeigt wurde.

 


 

Heute befinden sich Otto Beckmanns Werke unter anderem in der Albertina in Wien, im Bundesministerium für Unterricht, im Niederösterreichischen Landesmuseum, im MUSA Wien, in der Neuen Galerie Graz, in der Kunsthalle Bremen, im ZKM Karlsruhe sowie in mehreren Privatsammlungen.


Berthild Zierl
Präsidentin der Berufsvereinigung der bildenden Künstler Österreichs
Landesverband Wien, NÖ, Bgld.

www.zierlart.at


Bitte beachten Sie, dass verlinkte Seiten im Internet u. U. häufig verändert werden und dass Sie die sachliche Richtigkeit der dort angebotenen Informationen selbst überprüfen müssen.


Quellen:

Archiv der Berufsvereinigung der bildenden Künstler Österreichs, Schloss Schönbrunn
Otto Beckmann – Zwischen Mystik und Kalkül, Verlag der Buchhandlung Walther König, Köln 2008, ISBN 978-3-86560-550-4.
Otto Beckmann – Neumagische Objekte des Kultismus und textgenerierte Maschinen, Herausgegeben vom Amt der NÖ Landesregierung, Abt. III/2, Kulturabteilung 1986, ISBN 3-900-464-46-7.
Interview Otto Beckmanns Söhnen Oskar und Richard Beckmann
Otto Beckmann, Pionier der Computerkunst, Zeitung “fair”, Ausgabe 11/IV-2010
Otto Beckmanns imaginäre Architektur, Zeitund „ST/A/R, Nr. 39/2014